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So soll es sein

 

Ein alter Text steht am Anfang:

 

Eure Einstellung soll so sein, wie sie in Jesus Christus war:

Er war genauso wie Gott,
nutzte es aber nicht aus, Gott gleich zu sein,

sondern legte alles ab und wurde einem Sklaven gleich.
Er wurde Mensch und alle sahen ihn auch so.

Er erniedrigte sich selbst und gehorchte Gott bis zum Tod
– zum Verbrechertod am Kreuz.

Darum hat Gott ihn über alles erhöht
und ihm den Namen geschenkt, der über allen Namen steht:

Denn vor dem Namen Jesus wird einmal jedes Knie gebeugt;
von allen, ob sie im Himmel sind, auf der Erde oder unter ihr.

Und jeder Mund wird anerkennen: "Jesus Christus ist der Herr!"
So wird Gott, der Vater, geehrt.
(Philipper 2,5-11, NeÜ)

 

Ein alter Text mit alten Begriffen trotz neuer Übersetzung: Sklaven, Herr, Verbrechertod – hast Du jetzt schon abgeschaltet? So nach dem Motto Was interessieren mich diese alten Geschichten?

 

Ich möchte Dich ermuntern, bleib dabei, auch wenn es vielleicht nicht so einfach ist, den Bogen zu dem zu spannen, was Dein Leben betrifft. Ich will versuchen Dir zu zeigen, dass die alten Geschichten auch heute noch ganz aktuell sind.

 

Das ist nicht so einfach und wird dadurch nicht einfacher, dass der Text so anfängt, wie ich das überhaupt nicht gerne höre. Du wahrscheinlich auch nicht:

Eure Einstellung soll so sein […]

 

Du sollst! Höre ich daraus. Das höre ich nicht gerne. Ich mach lieber mein Ding und nicht das, was ich soll.

 

Du sollst! Ich höre das vielleicht auch nicht gerne, weil dieses Soll mich meinem tatsächlichen Ist konfrontiert.

 

Dieses Ist, das nicht so ist, wie es sein sollte.

 

Das weiß ich selbst.

 

Das Ist

Ich fange daher mal mit dem Ist an. Vielleicht findest Du Dich in den folgenden Beispielen irgendwie wieder:

 

·       Hattest Du gestern Abend eine Auseinandersetzung mit Deinem Partner und nun redet ihr nicht mehr miteinander?

·       Hattest Du vorgestern Stress mit Deinem pubertierenden Kind und hast ihm Sachen gesagt, die Dir nun leid tun, fühlst Dich ungenügend als Vater oder Mutter?

·       Hast Du gar keine Lust mehr zu arbeiten, vielleicht hast Du auch gar keine Arbeit und fühlst Dich nutzlos und vom Amt schikaniert?

 

Ein paar Beispiele, denen Du sicher noch einige hinzufügen kannst. Beispiele, die Dich beschäftigen, Dich aufwühlen, Dir Sorgen machen. Die dazu führen können, dass Du Dich selbst verurteilst, Dich herunterziehst. Die Dich vielleicht in Gewissennot bringen, die Dich ganz einsam machen.

Beispiele, Situationen, in denen Du merkst, da ist irgendetwas nicht so, wie es sein sollte.

Da ist er wieder, der Unterschied zwischen Ist und Soll. Und wir merken, da ist ganz viel Soll in uns, an dem wir unser Ist selbst messen.

 

Uns ist doch sicher gemeinsam, dass wir unser Leben gerne alleine bewältigen wollen, so bewältigen wollen, dass alles glatt läuft, so dass wir alles im Griff haben. Interessant soll es sein, Spaß machen und möglichst wenig Beschwerliches an sich haben. So soll es sein.

 

Aber ist es nicht eine Wahrheit: Immer wenn alles gerade glatt läuft, so wie es gut ist, wie wir uns das wünschen, kommt das Leben mit unangenehmen Überraschungen dazwischen? Da rede ich zunächst einmal wirklich von den alltäglichen Geschichten wie die oben genannten Beispiele, die uns schon aus der Bahn werfen können.

 

Und das erleben auch die Menschen, die Christen sind. Vielleicht erleben sie es sogar besonders stark, wenn sie in einer christlichen Familie aufgewachsen sind und das Soll schon mit der Muttermilch aufgesogen haben, erleben, dass das Ist nicht ihren eigenen Ansprüchen an das Soll genügt, dass das Leben, die eigenen Gefühle, nicht immer mit dem gelernten Soll übereinstimmen.

 

Nebenbei: die alten Geschichten in der Bibel sind – finde ich - deshalb so spannend zu lesen, weil Gott mit Versagern arbeitet: Mose – ein Mörder, David – ein Ehebrecher. Die Liste ließe sich fortsetzen…

 

Aber was wäre andererseits, wenn man nur von dem Ist her lebt? Sich von den Gegebenheiten herunterziehen lässt? Sich in dem, was möglich ist, einrichtet und darüber noch unglücklicher wird?

 

Das wäre eine negative Sicht, geprägt von dem Ist, eine negative Sicht, die noch schlimmer wird, wenn man das Ist mit dem Soll vergleicht.

 

Diese Fragen, auch wenn sie schon bei den alten Gestalten der Bibel auftauchten, sind noch immer höchst aktuell und real.

 

Und genauso sind mögliche Alternativen nicht Schnee von gestern, nicht alte Geschichten, sondern passieren ebenfalls höchst aktuell und real.

 

Das Soll

Und damit bin ich bei dem Soll, von dem wir am Anfang gehört haben. Vielleicht lassen wir das Soll erst einmal weg und nennen es ein Ideal, ein Vorbild, dem man nacheifern kann. Lasst uns das mal positiv sehen.

 

So etwas hat den Vorteil, dass man ein Ziel bekommt, eine Art Kompass, dem man folgt. Es gibt dann zwar auch noch immer das Ist, das uns das Leben zwischen die Beine wirft, manchmal werfen wir es uns auch selbst, wenn wir ehrlich sind.

 

Das ist so wie bei einer Autofahrt mit dem Navi. Das Ziel ist einprogrammiert, die Ankunftszeit steht fest – aber dann kommt ein Stau, eine Umleitung in die Quere. Es läuft nicht so wie geplant, aber das Navi berechnet schnell eine neue Route und die Fahrt geht auf anderer Route weiter, bis die freundliche Stimme sagt: Sie haben das Ziel erreicht.

 

Das Ziel ist das Entscheidende! Ein Ziel hat den Vorteil, dass man nicht gleich vom Weg abkommt, wenn mal was dazwischen kommt. Dass man nicht in der Gefahr ist, von jedem Wind umgeblasen zu werden. Sondern immer wieder neu anfangen kann, wenn es einen mal wieder umgehauen hat.

So wie das Kind, dass den Turm aus Bauklötzen sofort wieder aufbauen will, den es gerade umgeschmissen hat. Noch mal!

 

Jedenfalls empfiehlt der Apostel Paulus hier in unserer alten Geschichte so ein Navi, nämlich, dass wir dem Vorbild von Jesus Christus nachfolgen sollen.

 

Das ist das von ihm gesetzte Ziel, das Soll, am Anfang unseres Bibeltextes.

 

Jesus Christus als Vorbild

Achtung! Noch einmal alt. Ein alter Mann – Paulus - zitiert hier das älteste Bekenntnis der Christenheit, das zu dieser Zeit – so zwischen 54 und 60 nach Christus, bereits im Umlauf war.

 

Der alte Mann Paulus konnte aus eigener Erfahrung sprechen, aus Lebenserfahrung. Er hatte die Christen nicht gleichgültig betrachtet, so wie es viele heute tun, nein er hatte sie sogar mit großem Eifer verfolgt. In der Bibel - genauer gesagt in der Apostelgeschichte - ist nachzulesen, dass er auch der Ermordung von Stephanus, einem der Nachfolger Jesu, zuschaute. Aber dieser Jesus, der gekreuzigte Jesus, der wieder auferstanden war, begegnete Paulus. Und krempelte sein Leben völlig um. Mit dem gleichen Eifer, mit dem er vorher die Christen verfolgt hatte, verkündigte Paulus nun unermüdlich diesen Jesus. Er reiste quer durch Kleinasien, Mazedonien und Griechenland, um den Menschen die Botschaft vom lebendigen Christus zu bringen. Gar nicht alt wirkte das, er war jung durch seine Mission geblieben. Und als er dies hier aufschrieb, saß er selbst im Gefängnis.

 

Dieser sogenannte Christushymnus, den ich vorhin vorgelesen habe, ein Lobpreis Jesu, steht im Mittelpunkt des Briefes, den Paulus aus einem Gefängnis an die Gemeinde in Philippi in Mazedonien schreibt. Diese Gemeinde in einer römischen Kolonie hatte Paulus 20 Jahre zuvor gegründet und er bekam selbst schon bald Schwierigkeiten mit den römischen Machthabern. Auch die Gemeinde spürte immer noch Widerstand. Paulus schrieb den Brief daher auch als Ermutigung.

 

Widerstand oder Verhaftung erfahren auch heute überall auf der Welt Menschen, die sich zu Jesus bekennen. Das sind keine alten Geschichten, sondern das passiert aktuell, weil eben auch aktuell Jesus Menschen begegnet. Ein kleiner Exkurs daher zur Ermutigung, nicht zur Abschreckung.

Beispiel eines ehemaligen Hindus in Nepal, der durch ein christliches Buch, das seine Oma ihm gegeben hatte, eine unheimliche Sehnsucht nach Jesus bekam. Er berichtet:

 

Ich ging mit meinem Onkel [der bereits Christ geworden war] in einen Gottesdienst seiner Gemeinde und vertraute mein Leben Jesus an. Seitdem hat mich kein dämonischer Geist mehr geplagt. [Danach wurde ich] von den Hindus sozial ausgegrenzt. Zu Festen im Dorf wurde ich nicht mehr eingeladen und viele Dorfbewohner mieden den Kontakt mit mir. Auch maoistische Rebellen, die in unserer Region einen Stützpunkt hatten, nahmen mich einmal nach einem Gemeindebesuch gefangen und verhörten mich. Sie hassen alle Menschen, denen ihr Glaube wichtig ist und ich dachte schon, dass meine letzte Stunde geschlagen hat. Aber ich betete zu meinem großen Gott und überraschenderweise ließen sie mich wieder frei. Danke dem Herrn! (Bibelbeweger 2/2022, Magazin der Bibelliga, S.15)

 

Dieses Beispiel, von dem man viele weitere aus allen Kontinenten dieser Erde erzählen kann, zeigt, welche Sprengkraft die Botschaft von Jesus Christus hat. Dass sie bekämpft wird von Regimen und Systemen, aber auch von Freunden und Nachbarn.

 

Ich darf daran erinnern, dass genau das auch hier in diesem Land, der ehemaligen DDR, vor nicht allzu langer Zeit passierte: dass man wegen ein paar positiver Worte über Jesus noch vor 75 Jahren deswegen in Bautzen, Sachsenhausen oder Hoheneck landen konnte. Das sind berüchtigte Gefängnisse gewesen, bereits von den Nazis zur Unterbringung politischer Häftlinge oder als KZ genutzt, von den Kommunisten dann einfach weiterbetrieben.

 

Nur so nebenbei: Warum geben wir uns dann eigentlich zufrieden damit, dass diese Botschaft von Jesus hierzulande, auch hier in Zehdenick, vielen so gleichgültig ist?

 

Warum gibst Du Dich damit zufrieden, dass Dein Leben so ist, wie es ist? Das Leben, das vielleicht so vor sich hindümpelt mit seinen kleinen Herausforderungen, dem Scheitern und den Ängsten?

 

Der alte Mann Paulus empfiehlt aus seiner Erfahrung, Jesus als Vorbild zu nehmen. Er erinnert mit dem Christushymnus, dem Loblied auf Jesus, daran, was Jesus, der Sohn Gottes auf sich genommen hat, um uns zu helfen.

 

1.     Jesus als Gottes Sohn war seinem Vater gehorsam und verließ den Himmel, um als Mensch auf der Erde Mensch unter Menschen zu sein. Jesus kennt daher alle unsere Sorgen, Ängste und Probleme.

 

2.     Jesus gab sein eigenes Leben hin, um das größte Problem der Menschen, die Trennung von Gott, am Kreuz aufzuheben.

 

3.     Jesus ist auferstanden und lebt! Er begegnet auch heute noch Menschen. Gott sein Vater hat ihn daher über alles erhöht und er wird eines Tages, über kurz oder lang von allen angebetet werden.

 

Soll und Ist

Das ist schwer zu glauben für viele, das sind doch nur alte Geschichten.

 

Wirklich?

 

Gucken wir uns doch mal konkret das Soll an, das Paulus in den Versen davor genau beschreibt:

Wenn es bei euch irgendeine Ermutigung durch Christus gibt, einen liebevollen Trost, Gemeinschaft, die der Geist Gottes bewirkt, Barmherzigkeit und Mitgefühl, dann macht meine Freude vollkommen, indem ihr in derselben Einstellung und Liebe von ganzem Herzen zusammensteht. Tut nichts aus Streitsucht oder Ehrgeiz, sondern seid bescheiden und achtet andere höher als euch selbst! Denkt nicht nur an euer eigenes Wohl, sondern auch an das der anderen! (Philipper 2, 1-5 NeÜ)

 

Das sind die Zutaten des Solls

·       Ermutigung

·       Trost

·       Liebe

·       Gemeinschaft

·       Barmherzigkeit

·       Mitgefühl

·       Bescheidenheit

·       andere höher als sich selbst achten

·       an das Wohl der anderen denken!

 

Das sollen wir leben. Das ist höchst aktuell. Für unsere Gesellschaft. Für uns selbst. Da muss ich noch viel lernen.

 

Und genau daran können wir selbst scheitern. Das erleben wir selbst immer wieder in den konkreten Situationen, die ich am Anfang beschrieben habe. Da mühen wir uns und scheitern doch immer wieder. Wir stoßen lieben Menschen vor den Kopf. Streiten uns mit dem Partner. Reagieren nicht so auf das Kind, wie wir uns das selbst wünschen. Haben Angst. Können uns selbst nicht in die Augen schauen.

 

Aber die gute Nachricht ist, dass Jesus genau aus diesem Grund auf die Erde gekommen ist, gerade aus diesem Grund Dir und mir begegnen will, um zwischen diesem Ist, an dem wir manchmal verzweifeln, und dem Soll eine Brücke zu bauen.

 

Das tut er immer wieder, weil es auch immer wieder nötig ist.

 

Die Bilanz

Von diesen kleinen Dingen möchte ich zum Schluss doch noch zu den wichtigen großen kommen.

 

Vielleicht hast Du schon längst im Hinterkopf, das Ist und Soll auch Begriffe aus der Buchhaltung sind.

 

Als Kassenverwalter meiner Gemeinde sehe ich die langen Zahlenkolonnen vor mir, links die Spalte Ist, d.h. das tatsächliche finanzielle Geschehen, rechts das Soll, d.h. das, was am Beginn des Haushaltsjahres geplant wurde für die einzelnen Positionen.

 

Das stimmt nicht immer überein. Das macht nix, wenn am Ende das Ist größer ist als das Soll. Wenn die Bilanz stimmt. Aber was ist, wenn am Ende das Soll größer ist als das Ist?

 

So ist das auch im Leben.

 

Tag für Tag, wie in den Beispielen, die ich am Anfang erzählte.

 

Aber auch Jahr für Jahr, für das Leben insgesamt.

 

Wie ist Deine Bilanz? Wer beurteilt das?

 

Viele haben ja die Vorstellung, dass sie am Ende des Lebens an die Himmelstür kommen und Petrus steht dort und hebt entweder den Daumen und macht die Tür in den Himmel auf, oder er senkt den Daumen und schüttelt den Kopf und die Tür bleibt zu.

 

Alte Geschichte, sage ich.

 

Doch – wie gesagt – nichts gegen alte Geschichten. Es gibt eine noch ältere Geschichte:

Vor rund 2.000 Jahren sagte Jesus diesen Satz:

Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, ob er gleich stürbe; (Johannes 11,25)

 

Übersetzt in die Bilanz unseres Lebens heißt das, dass es letztlich nicht darauf ankommt, wie Deine Bilanz zwischen Ist und Soll aussieht – auch wenn es natürlich schön wäre, wenn diese zumindest annähernd ausgeglichen wäre.

 

Nein, es kommt darauf an, ob wir Jesus nachfolgen, ihm vertrauen, an ihn glauben. Nur dann werden wir in den Himmel kommen, Ewiges Leben mit Jesus teilen. Egal wie unsere Bilanz ist.

 

Wie sagt es die alte Geschichte, die wir am Anfang hörten: Wenn Du sagst: "Jesus Christus ist der Herr!", dann ehrst Du auch Gott, den Vater.

 

Hier heißt es aber auch, dass letztlich jeder eines Tages seine Knie beugen und dies bekennen wird. Die Bibel spricht davon, dass dies eines Tages im Gericht passieren wird. Dies hier jetzt genau zu erklären, wäre ein anderes Thema.

 

Im Zusammenhang mit dem Ist und Soll Deines Lebens und dem Vertrauen auf Jesus ist hier und heute für Dich wichtig: wenn Du auf Jesus vertraust, wirst Du durch das Gericht kommen ohne Verurteilung. Denn Jesus hat Deine Schuld, Deine verkorkste Bilanz schon auf sich genommen, als er am Kreuz von Golgatha starb.

 

Das ist eine wunderbare Aussicht für Dein Leben, aber auch ein wunderbarer Trost in manchen Situationen.

 

Innerhalb von 9 Monaten haben meine Frau und ich drei unserer Eltern und meinen jüngeren Schwager beerdigen müssen. Es ist ein unheimlicher Trost für uns, dass wir wissen, dass sie jetzt bei Jesus sind und wir nicht darum bangen müssen, dass sie vielleicht verloren sind – weil ihre Ist- und Soll-Bilanz vielleicht nicht ausreichend war.

 

Insofern sehe ich das Soll als eine Einladung an, so zu leben, wie Jesus es uns vorgelebt hat.

 

Auf diese Einladung kannst Du antworten, indem Du Jesus in Dein Herz einlädst.

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